Unbedingt im Kino schauen: The Substance schockt und ekelt bis zum kompletten Wahnsinnsfinale (2024)

Seit seiner Premiere bei den Filmfestspielen in Cannes sorgt The Substance für Aufsehen. Der zweite Spielfilm der französischen Regieentdeckung Coralie Fargeat liefert im Gewand einer bissigen Hollywood-Satire den verstörendsten Body-Horror seit Titane. Mit anderen Worten: Fargeat macht genau da weiter, wo sie vor sieben Jahren mit ihrem nicht weniger mitreißenden Leinwanddebüt Revenge aufgehört hat.

Wenn ihr auf der Suche nach einer unvergesslichen Kinoerfahrung seid, dann solltet ihr unbedingt ein Ticket für The Substance lösen. Klar, diesen Film könnt ihr später jederzeit im Heimkino nachholen. Doch diese Ekeltortur zusammen mit anderen Menschen in einem dunklen Saal zu erleben, steigert den Ereignischarakter des Films bedeutend. Nicht zuletzt ist dieser wie eine Spirale des Unfassbaren konzipiert.

Aber was genau verbirgt sich jetzt hinter The Substance?

Black Mirror trifft auf Body-Horror: The Substance ist eine bittere Hollywood-Satire mit unfassbarem Finale

Die Prämisse klingt wie eine Black Mirror-Folge: Hollywood-Star Elisabeth Sparkle (Demi Moore) muss nach ihrem 50. Geburtstag schockiert feststellen, dass in der Traumfabrik kein Platz mehr für sie ist. Wo einst Fans ihren Stern auf dem Walk of Fame belagerten, offenbart sich inzwischen ein trostloses Bild aus Rissen und Brüchen. Schlimmer noch: Studiochef Harvey (Dennis Quaid) nimmt ihr ihre Fitness-Show weg.

Hier könnt ihr den Trailer zu The Substance schauen:

Auf der Suche nach einem Ausweg stolpert Elisabeth über jenes mysteriöse Produkt, das dem Film seinen Titel verleiht. The Substance erzeugt durch Zellvermehrung eine junge Version der eigenen Person. Aus dem Rücken der alternden Elisabeth steigt die mit ewiger Jugend gesegnete Sue (Margaret Qualley). Der Haken: Sue und Elisabeth können im Wechsel jeweils nur sieben Tage durch die Welt wandern.

Von einer "perfekten Balance" ist in der Substance-Anleitung die Rede. Leicht einzuhalten ist der Rhythmus aber keineswegs. Besonders, wenn Sue alle Türen offenstehen und sie nach einer Woche noch nicht einmal durch die Hälfte gegangen ist. Gönnt sie sich einen Tag mehr, bekommt das Elisabeth durch einen beschleunigten Alterungsprozess zu spüren und die kompromisslose Transformation der Körper beginnt.

Coralie Fargeat inszeniert ein abstoßendes Spektakel, von dem man seinen Blick nicht abwenden kann

Fargeat macht keine Gefangenen. Das hat sie schon in dem extrem blutigen Revenge nicht getan, in dem formvollendete Körper vor dem Hintergrund rauer Wüstenumgebung komplett zerstört werden. Für The Substance lehnt sie sich noch mehr in die satirischen Elemente der Geschichte und schafft ein Kino, das euch mit jeder weiteren Verrenkung laut nach Luft schnappen lässt. Ist das gerade wirklich passiert?

Während sich Demi Moore in ein Filmmonster verwandelt, rechnet The Substance mit Schönheitsidealen und Doppelstandards ab. Der Studiochef schmatzt und ist das wahre Ekelpaket. Elisabeth wird in einen dunklen Raum gesperrt, wo sie niemand sehen kann. Sue verfällt dem Rausch der makellosen Oberfläche. Die Fronten sind klar verteilt und bleiben lange Zeit starr. Der Film ist nicht so ambivalent wie gehofft.

Dennoch besitzt er eine unglaubliche Durchschlagskraft, weil Fargeat in erster Linie als Filmemacherin auftritt, die sich für markante Bilder interessiert und diese mit maximalem Effekt zum Einsatz bringt. Das Unheimliche von David Lynch, das Verstörende von David Cronenberg, das Strenge von Stanley Kubrick: Hier kommen viele starke Einflüsse zusammen, die uns immer tiefer in das abgründige Los Angeles ziehen.

The Substance katapultiert sich mit einer unfassbaren Monster-Kreatur in den Ekel-Body-Horror-Olymp

Abseits der namhaften Vorbilder schließt The Substance noch an einen anderen Dialog an, nämlich jenen, den Jordan Peele vor zwei Jahren mit Nope angestoßen hat. Der Sci-Fi-Western fragt als Blockbuster nach dem Preis des Spektakels – und daran ist Fargeat auch extrem interessiert. Elisabeth Sparkle ist kein Spektakel mehr, Sue dagegen schon, was der Film in unnatürlich glänzenden Aufnahmen zum Ausdruck bringt.

Es ist leicht, Margaret Qualleys Körper perfekt im Scheinwerferlicht zu positionieren. Doch was passiert, wenn sich eine der schaurigsten und tragischsten Gestalten der jüngeren Filmgeschichte gegen alle Widerstände ihren Weg auf die Bühne bahnt und das Publikum in einen Spektakelsturm zieht, von dem man sich nie wieder reinigen kann? The Substance spielt dieses Gedankenspiel bis zum bitteren Ende durch.

  • Zum Weiterlesen: Unser Bericht zu The Substance aus Cannes

Mit seinem völlig entfesselten Finale verdient sich The Substance seinen Platz im Ekel-Body-Horror-Olymp neben Die Fliege und Das Ding aus einer anderen Welt.In Nope versuchen die Figuren mit allen Mitteln, das Unfassbare festzuhalten. In The Substance entlädt sich das Unfassbare in vollen Zügen direkt in unseren Schoß, wenn wir im Kino sitzen. Und das werdet ihr garantiert nicht mehr vergessen.

The Substance läuft seit dem 19. September 2024 in den deutschen Kinos.

Unbedingt im Kino schauen: The Substance schockt und ekelt bis zum kompletten Wahnsinnsfinale (2024)
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Author: Prof. An Powlowski

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